Wenn Legionellen in der Scheibenwischanlage hausen



Die Welt

Spritzwasseranlagen bieten Legionellen ideale Lebensbedingungen: Forscher fanden sie bei Untersuchungen in drei Vierteln aller Proben. Gefährlich, denn die Erreger verteilen sich über den Sprühnebel.


Legionellen sind überaus unangenehme Bakterien. Wer sich mit ihnen infiziert, bekommt eine Lungenentzündung und kann sogar sterben. Entsprechend alarmiert sind Behörden, wenn die Erreger der Legionärskrankheit irgendwo auftauchen. Besonders gut vermehren sich die Bakterien in Wasserleitungen oder auch Schwimmbädern, häufig da, wo Wasser längere Zeit steht.
Nimmt ein Mensch einen Schluck Wasser, das mit den Stäbchenbakterien belastet ist, passiert in der Regel nicht viel. Anders ist es aber, wenn die feinen Tröpfchen im Sprühnebel eingeatmet werden. Dann gelangen die Bakterien in die Lunge, wo sie sich rasch vermehren und ihre schlimmstenfalls tödliche Wirkung entfalten können.
Nun haben Wissenschaftler ein neues Habitat der Erreger entdeckt. Ein Team um Otto Schwake von der Arizona State University in Phoenix berichtet nun, dass sie die Bakterien auch in Scheibenwischanlagen von Bussen entdeckt haben. Die Wissenschaftler untersuchten die Scheibenwischer von Schulbussen und kamen zu einem eindeutigen Ergebnis: In drei Vierteln der Proben waren Legionellen nachweisbar.
Die Erreger überleben locker ein Jahr

Bis zu 14 Monate überlebten die Bakterien einem früheren Experiment der Forscher zufolge in den Tanks der Scheibenwischanlagen. Spritzwasseranlagen von Fahrzeugen sind als Legionellenlebensraum besonders tückisch.
"Versprühte Waschflüssigkeit kann möglicherweise gefährliche Mengen dieser Bakterien in der Luft verteilen", sagte Schwake auf einer Konferenz der American Society for Microbiology. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass Autos als Überträger für Legionellen-Infektionen in Frage kommen."
Eine Quelle, die bisher möglicherweise als Ursache von Lungenentzündungen völlig verkannt wird. So zeigte eine weitere Studie aus Großbritannien kürzlich, dass dort rund 20 Prozent aller Lungenentzündungen, deren Ursache nicht geklärt werden kann, von Legionellen stammen.
Alkohol hemmt das Wachstum der Erreger-Kolonien

Legionellen in Scheibenwischanlagen sind trotz der hohen Anzahl gefundener Erreger aber vermutlich nur im Sommer oder in Gegenden mit ganzjährig warmen Temperaturen wie Arizona, wo die Studie durchgeführt wurde, ein Problem. Einerseits, weil die Erreger warmes Wasser brauchen, um zu gedeihen.
Und andererseits, weil das Gefrierschutzmittel, das im Winter dem Tank zugefügt wird, niedere Alkohole wie Methanol oder Ethanol enthält – und das hemmt das Wachstum der Bakterienkolonien.
Wer also vorbeugen will: Vor allem wenn die Frontscheiben bei geöffneten Seitenfenstern besprüht werden, können Legionellen eingeatmet werden, warnt die Deutsche Lungenstiftung. Sie empfiehlt, dem Wasser für die Scheiben handelsübliche Reinigungsflüssigkeiten zuzusetzen, weil sie das Bakterienwachstum hemmen – solange sie Alkohol enthalten.
In der Vergangenheit war es auch in Deutschland immer wieder zu Legionellen-Ausbrüchen gekommen. Zuletzt gab es im sauerländischen Warstein eine Epidemie, weil Bakterien durch eine industrielle Kühlanlage verteilt worden waren. Mehr als 150 Menschen waren damals an einer Lungenentzündung erkrankt, zwei Männer starben.

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